Dokumentation und Analyse des Faunenwandels
Teilprojekt 1
Der Kreuzenzian-Ameisenbläuling (Maculinea rebeli) - hier mit Markierung - hat einen Verbreitungsschwerpunkt im Kreis Höxter
Berichte über klimainduzierte Änderungen im Verhalten oder der Phänologie von Arten sowie über Arealausweitungen sind sowohl in den Medien als auch in der Fachwelt heutzutage regelmäßig anzutreffen. Fachpublikationen mit Langzeitbeobachtungen behandeln i.d.R. großräumige Änderungen der Gesamtareale. Einzelne Vorkommen bzw. Populationen konnten bei diesen Studien nicht berücksichtigt werden.
In Deutschland fehlen langfristige Datenreihen und Analysen für größere Landschaftsräume bzw. ganze Artengruppen bisher völlig. Deshalb werden die bereits seit 1989 zu Tagfaltern gesammelten Monitoringdaten im Sauerland (Märkischer Kreis, NRW) und Weserbergland (Kreis Höxter, NRW) soweit ergänzt, dass sie insgesamt 20 Jahre umfassen und eine sehr gute Grundlage für eine langfristige Dauerbeobachtung darstellen. Anschließend werden sie speziell vor dem skizzierten Hintergrund ausgewertet. Anhand der Bestandstrends und der Gefährdungssituation werden „Zielarten“ ausgewählt, die im Folgenden im Fokus des Projekts stehen werden.
Als gut geeignete Zielarten wurden der Hochmoor-Perlmutterfalter (Boloria aquilonaris) im Sauerland sowie der Kreuzenzian-Ameisenbläuling (Maculinea rebeli) im Weserbergland ausgewählt. Weitere Zielarten, die als besonders repräsentativ für bestimmte Lebensraumtypen gelten und eine hohe Empfindlichkeit aufweisen, sind z.B. für Niedermoore der Mädesüß-Perlmutterfalter (Brenthis ino) und für Kalk-Halbtrockenrasen der Silbergrüne Bläuling (Polyommatus coridon).
Ein Vergleich der Arterfassungsdaten mit dem Klimageschehen der letzten zwei Jahrzehnte ermöglicht artspezifische Sensitivitätsanalysen bzgl. einzelner Witterungsparameter. Es ist anzunehmen, dass bestimmte funktionelle Merkmale der Arten (z.B. das Überwinterungsstadium), eine besondere Empfindlichkeit bedingen (vgl. Virtanen & Neuvonen 1999, Wallis de Vries & van Swaay 2006). Zudem kann überprüft werden, inwieweit die festzustellenden Veränderungen auf nutzungsabhängige Überlagerungen bzw. „Störfaktoren“ zurückzuführen sind. Wichtig ist die Einbeziehung der Habitatqualität, da bestimmte positive Klimaeffekte von Habitatschwund etc. überlagert werden können (Warren et al. 2001). Gleichzeitig dienen die beobachteten Wirkungsgefüge der Validierung der zu erstellenden Modelle (vgl. Teilprojekt 2). Folgende Arbeitshypothesen werden an dieser Stelle untersucht:
- die Auswirkungen des Klimawandels lassen sich bereits heute anhand eines großräumigen und beständigen Faunenwandels nachvollziehen,
- unterschiedliche Habitatkonfigurationen in der Landschaft machen sich in der Überlebenswahrscheinlichkeit bemerkbar,
- bestimmte ökologische Anspruchstypen bzw. funktionelle Merkmalsausprägungen sind stärker vom klimainduzierten Habitatverlust betroffen.